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Kultur und Geschichte Gehörloser e.V.

Die KuGG setzt sich für die Förderung der Kultur, Geschichte und Gebärdensprache der Gehörlosen ein.


Sie fördert den Austausch von Erfahrungen auf allen Gebieten der Kultur und Geschichte Gehörloser durch die Rundschreiben, Treffen und Seminare. Die KuGG ist außerordentliches Mitglied im Deutschen Gehörlosen-Bund e.V und unterstützt seine Arbeit..

Nachruf – Jochen Muhs

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Ein sehr aktiver, unermüdlicher Mensch ist unerwartet und plötzlich verstorben: Jochen Muhs.

Der Chefredakteur unserer Zeitschrift IM BILDE hat am 16. November 2010 seine Augen für immer geschlossen. Er war eine große Persönlichkeit der Gehörlosenbewegung. Neben der Redaktionsarbeit für diese Zeitschrift bekleidete er noch viele weitere Ehrenämter. 2008 wurde ihm die Berliner Ehrennadel für besonders soziales Engagement von der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales des Landes Berlin verliehen. Seine Aktivitäten waren auch in früheren Jahren so groß, dass er schon 1984 das Bundesverdienstkreuz bekam. Ein Überblick seines Werdeganges macht deutlich, was für ein Mensch er war:

Jochen Muhs ist am 4. September 1942 in Berlin, genauer: in Wilmersdorf geboren und in Kreuzberg aufgewachsen. Im Alter von zwei Jahren ertaubte er infolge einer Krankheit. Er besuchte die Gehörlosenschule in Berlin in der Naunynstraße. Die Gebärdensprache erlernte er von Klassenkameraden, die gehörlose Eltern hatten. Die Sprache, für die er sich später stark einsetzen sollte und die ihn selbst beflügeln wird. Nach der Ausbildung als Schriftsetzer hat er viele Jahre bis zur Rente als Fotosetzer in der Berliner Verwaltungsdruckerei im Stadtteil Kreuzberg gearbeitet. Mit seiner Frau Monika lebte er in Waidmannslust, sie bekamen zwei Töchter.

Sport
In jungen Jahren konnte Jochen sportliche Erfolge in der Tischtennisabteilung des Berliner Taubstummen Schwimm-Vereins 1900 e.V. (BTSV), in dem er seit 1952 Mitglied war, erzielen. Er errang bei den Deutschen Gehörlosen-Meisterschaften in den Kategorien „Mannschaft“ Gold im Jahr 1958, und im „Doppel“ Gold im Jahr 1962, Silber in den Jahren 1964 und 1966. Einige Jahre später gründete er neue Abteilungen wie Ski und Volleyball mit. Durch viele Aktivitäten und Engagement im Bereich der Vereinsorganisation des Gehörlosensports erlangte er große Anerkennung. Im Jahre 1964 wurde Jochen der 2. Vorsitzende und schon 1966 der 1. Vorsitzende des BTSV 1900 e.V. Diese Funktion sowie die Geschäftsführung behielt er bis 1985, ein Jahr später erhielt er die Ehrenmitgliedschaft. (Anm.: Seit 1992 nennt sich der Verein durch die Fusion mehrerer Sportvereine Berliner Gehörlosen Sport-Verein 1900 e.V. – BGSV). Jochen Muhs war außerdem Mitbegründer des Gehörlosen-Sportverbandes Berlin e.V. im Jahre 1975 und übte die Funktion als 1. Vorsitzender bis 1994 aus. Also fast 20 Jahre lang wie auch beim Sportverein. Bei der Fusion 1990 zum „Gehörlosen Sportverband Berlin-Brandenburg e.V.“ (GSBB) war er beteiligt, in diesem wurde er 2001 Ehrenmitglied und 2008 zum Ehrenvorsitzenden ernannt.

Auch an deutschlandweiten Vereinsorganisationen und Veranstaltungen beteiligte sich Jochen, er war u.a. Mitorganisator der Weltspiele der Gehörlosen 1981 in Köln. Seine Aktivitäten waren bis dahin so umfangreich, dass er 1982 die silberne Ehrennadel des Deutschen GehörlosenSportverbandes erhielt. Von 1982 bis 1990 war er Beisitzer und Organisationsleiter bei der Deutschen Gehörlosensportjugend (dgsj), die er mitgründete. Jochen war für die Internationale Jugendarbeit zuständig und führte unter anderem Reisen für gehörlose Jugendliche im Ausland durch. Das Goldene Verbands-Ehrenabzeichen erhielt er im Jahr 2000 in Würdigung seiner langjährigen Vereinsarbeit im Gehörlosensport.

Bildung und Kultur
Ende der 1980er und zu Beginn der 90er Jahre begannen seine Aktivitäten im kulturellen Bereich sowie in der Bildung. Nachdem die ersten Gebärdensprachkurse angeboten wurden, gründete Jochen 1988 die Gebärdensprachkursleitergruppe Berlin (LAG, heute BGDBB) mit, die er 2 Jahre leitete, in der Zwischenzeit jüngeren Dozenten überließ, und es wieder für 5 Jahre bis zum Jahr 2000 übernahm. An der VHS leitete er Gebärdensprachkurse und war unter anderem auch Lehrbeauftragter an der FU. Weitere Lehraufträge kamen später von den Fachhochschulen und Hochschulen in Potsdam, in Magdeburg und in Berlin. Nach dem Vorbild des Münchener Kommunikationsforums gründete Jochen Muhs 1989, kurze Zeit nach dem Mauerfall, das Berliner Kommunikationsforum – kurz Kofo genannt. Das 1. Kofo als monatliche Abendveranstaltung im GL-Zentrum hatte die „Sprache der Gehörlosen“ zum Thema, Referent war Jochen selbst. Bis 2003 (mit einem Jahr Unterbrechung) war er Leiter des Kommunikationsforums und danach noch im Kofo-Team, das bis heute insgesamt über 150 Kofos durchführen konnte.

Jochens Teilnahme beim „Deaf Way“ 1989 in Washington D.C., USA hat seine Augen weit geöffnet. Dort wurde ihm die Sprache der Gehörlosen, die Gebärdensprache so richtig bewusst. Das Selbstbewusstsein wurde stärker und an die gehörlosen Mitmenschen weitergegeben. Beim KoFo über die „Kultur der Gehörlosen“ im Februar 1991 regte Jochen Muhs einen Wettbewerb in Gebärdensprache an. So wurde die Idee des Gebärdensprachfestivals geboren, schon im selben Jahr organisierte er mit weiteren Gehörlosen aus Ost und West das 1. Berliner Gebärdensprachfestival mit der Verleihung der „Goldenen Hand“. Darüber hinaus bemühte er sich bundesweit um die Bildung von Gebärdenchor-Gruppen. Der große Erfolg des Festivals war auch seinem Mitstreiter Gunter Puttrich-Reignard (später: Trube) zu verdanken. Einen Ehrenpreis des Festivals bekam Jochen 2006 überreicht. Zuletzt wurde mit ungebrochenem Erfolg im September 2010 das 7. Gebärdensprachfestival durchgeführt.

Ein unvergessliches Erlebnis war die Reichstagsverhüllung 1995. Das Treffen der Gehörlosengruppe mit dem Künstlerpaar Christo und Jeanne-Claude vor dem verhüllten Reichstag wurde durch Jochen ermöglicht. Nach einem Interview und Autogramm-Verteilen konnten die beiden Künstler die Hände mit dem „I love you“-Zeichen in die Höhe strecken. Auf seine Initiative hin konnte 1997 eine Gruppe von jungen Gehörlosen (natürlich mit ihm) beim bekannten Karneval der Kulturen in Berlin teilnehmen, wo sie vor einer Million Zuschauern ihre Gehörlosenkultur demonstrieren durften.

Das beliebte Info-Blatt mit den gezeichneten Gebärden-Bärchen und dem Text „Gebärdensprache – die Sprache der Gehörlosen“ war seine Idee, es wurde 1999 von ihm herausgegeben. 2003 rief er das „Lesezeichen – Literatur in Gebärdensprache“ ins Leben. An Leseabenden im Gehörlosenzentrum lasen gehörlose Vorleser aus dem Buch vor, und zwar in DGS. Zwei Jahre später fand die Präsentation des Lesezeichens (Buch-Karte mit Tipps zum Vorlesen für gehörlose Kinder) in der AmerikaGedenkbibliothek statt, anschließend standen regelmäßige Vorlesungen in der Kinder- und Jugendbibliothek auf dem Programm.

Er organisierte Museums- und Ausstellungsführungen über Geschichte und Kunst in verschiedenen Berliner Museen. Beispielsweise bei der einmaligen „MoMA in Berlin“, oder auch bei der bekannten documenta in Kassel. Teilweise führte Jochen selbst in Gebärdensprache durch die Ausstellungen, teilweise wurden Dolmetscher bei Sonderführungen eingesetzt. Im Deutschen Historischen Museum (DHM in Berlin) sorgte er für die Schulung der gehörlosen Museumsführer (darunter er selbst), die dann ab Anfang 2009 mehrere Epochen-Führungen für Gehörlose anbieten konnten. Kaum einem dürfte bekannt sein, dass er auch Schauspieler, Regieleiter oder Drehbuchautor einer Theatergruppe war, sei es die Aufführung des „Ödipus“ 1958 oder das „Leben des Eduard Fürstenberg“ 2002. An seinem Theaterauftritt und Vortrag für die früheren gehörlosen Taubstummenlehrer J. K. Habermaß und C. Wilke in der Ernst-Adolf-Eschke-Gehörlosenschule 2004 kann sich sicherlich noch jemand erinnern.

Politik
1986 und 1987 veranstaltete Jochen Muhs den „Tag der Gehörlosen“ öffentlichkeitswirksam neben der Gedächtniskirche. Vermehrt wurde er in der Politik aktiv. So wurde er 1994 der 2. Vorsitzende des Landesverbandes Berlin, dieses Amt übte er bis 1999 aus. Er engagierte sich für die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache (DGS), welche 1999 im Berliner Landesgleichberechtigungsgesetz (LGBG) als eigenständige Sprache definiert wurde. Beim Berliner Gehörlosenverband e.V. (GVB), dem Dachverband der Berliner Gehörlosenvereine, nahm er die Funktion des 1. Vorsitzenden von 2003 bis 2008 wahr. Von 2004 bis 2007 war Jochen Muhs gleichzeitig auch 2. Vorsitzender bei der Gesellschaft zur Förderung der Gehörlosen in Berlin e.V. (GFGB), die für ihn jedoch „die schwerste Zeit seines Lebens“ war. Durch seine Vertretung im Berliner Landesbeirat für Behinderte konnte er sich erfolgreich für die Belange gehörloser Menschen einsetzen. Schon im Jahre 1992 erhielt Jochen für sein politisches Wirken die goldene Ehrennadel des Deutschen Gehörlosen-Bundes. 2 Er kümmerte sich neben der Verbandsarbeit auch um das Wohl vieler Gehörloser, die nicht einem Verein angehören, indem er einige lose Interessengruppen zur Vereinsgründung anregte oder zu offiziellen Selbsthilfegruppen bildete. Bei dessen Gründung half er mit, so geschehen bei der Berliner Hör- und Sehbehindertengruppe „Usher-Syndrom“. Am europäischen Protesttag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, am 5. Mai 2008, protestierten die Gehörlosen gegen die Senatsverwaltung für Soziales am Gebäude in der Oranienstraße. Organisator Jochen Muhs hatte währenddessen ein Gespräch mit der zuständigen Staatssekretärin.

Ab 1999 regte Jochen Muhs an, den Deutschen Gehörlosen-Bund (DGB) zum Rechtsnachfolger des Reichsverbandes der Gehörlosen Deutschlands (Regede) zu bestimmen, um die Vergehen während der NS-Zeit 1933-1945 aufzuarbeiten und sich für diese dunkle Zeit der Gehörlosengeschichte zu entschuldigen. In diesem Zusammenhang plädierte er für eine Änderung des Gründungsdatums des DGB auf das Jahr 1927 anstelle 1950. Mehrmals beantragte er den Umzug der Bundesgeschäftsstelle des Deutschen Gehörlosen-Bundes nach Berlin, dem Zentrum der Politik. Nach einigen Jahren wurde dieser Anfang 2010 verwirklicht.

Deaf History – Gehörlosengeschichte
Er engagierte sich besonders für die Aufarbeitung der Geschichte der Gehörlosen. 1995 sorgte er für die Einrichtung eines Archivs im Gehörlosenzentrum. Von 1996 bis 2001 war er Gründer und Leiter der „Deaf History Deutschland – Interessengruppe zur Geschichte Gehörloser“. 2001 wurde die Gruppe im Verein Kultur und Geschichte Gehörloser e.V. (KuGG) integriert und Jochen wurde 2. Vorsitzender. Später blieb er als Beisitzer und zuletzt als Bereichskoordinator Deaf History der KuGG e.V. treu.

Eine sehr wichtige Persönlichkeit wurde erst durch Jochen Muhs wieder bekannt: Eduard Fürstenberg (1827-1885), Gründer des ersten Gehörlosenvereins 1848 in Berlin sowie des Zentralvereins für das Wohl der Taubstummen. Durch seine Forschungen alter Schriften wurde viel Wissenswertes veröffentlicht. Jochen Muhs weckte auf diese Weise das bei vielen Gehörlosen verkümmerte Interesse an die eigene Geschichte. So bewirkte er die Benennung des Eduard-Fürstenberg-Saales im Gehörlosenzentrum Berlin im Jahr 1996, zwei Jahre nach der Eröffnung des neuen Zentrums. 1998 wurde die große Jubiläumsveranstaltung „150 Jahre Gehörlosenbewegung“ durchgeführt, maßgeblich wirkte Jochen Muhs mit, u.a. bei der Erstellung der Broschüre. Das Porträt von Fürstenberg auf der Titelseite zeichnete seine Frau Monika Muhs. Jochen ist auch verantwortlich dafür, dass 2002 die Errichtung eines Ehrengrabs für Eduard Fürstenberg erfolgte, rechtzeitig zum 175. Geburtstag. Jährlich am 3. Mai zum Geburtstag Fürstenbergs gehen Gehörlose zum gemeinsamen Grabbesuch auf dem Dorotheenstädtischen Kirchhof. Die Eduard-Fürstenberg-Medaille des GVB für ehrenamtliche Verdienste für Gehörlose in Berlin wurde von Jochen initiiert.

Die Verlegung eines Stolpersteins im Jahre 2005 in Berlin zum Gedenken an Paul Kroner (einer von vielen ermordeten gehörlosen Juden während der NS-Herrschaft) wurde durch Jochen ermöglicht. Er setzte sich nachdrücklich für die Wiederveröffentlichung des lange verschollenen Films „Verkannte Menschen“ aus dem Jahre 1932 ein. Anfang Januar 2010 konnte der Film in Frankfurt am Main vom Landesverband Hessen endlich wieder aufgeführt werden, Jochen Muhs hielt einen Vortrag über die Entstehung des Films.

Publikationen
Jochen Muhs ist Verfasser und Herausgeber der Deaf History-Schriftenreihe. Er verfasste Schriften über den Gründer des 1. Gehörlosenvereins Eduard Fürstenberg, über den von den Nazis ermordeten Paul Kroner, über den Vorkämpfer für den Gebärdensprachunterricht Johann Heidsiek. Er schrieb über die Geschichte der Gehörlosenzentren in Berlin. Viele Beiträge wurden in der Deutschen Gehörlosen-Zeitung (DGZ) veröffentlicht, manche auch in der Fachzeitschrift Das Zeichen. Er machte Interviews mit Gehörlosen als Zeitzeugen ihrer Vergangenheit. Zuletzt arbeitete er an einem Buch über die Gehörlosen im Dritten Reich, das leider durch seinen Tod unvollendet blieb. 3 Für die Fernsehsendung „Sehen statt Hören“ moderierte und erstellte er einige Beiträge. Über sein Leben und Wirken wurde im letzten Jahr eine ganze Folge der Gehörlosen-Sendung ausgestrahlt.

Jochen hatte einige Ausstellungen zu Themen der Gehörlosengeschichte, gehörlose Künstler oder wichtige Persönlichkeiten organisiert, konzipiert und durchgeführt. Die letzte von ihm organisierte Ausstellung über die Geschichte des Gehörlosensports wurde beim 100-Jahre-Jubiläum des Deutschen Gehörlosen-Sportverbandes 2010 in Essen gezeigt. Besonders viel Kritik einstecken musste Jochen bei seiner ersten Ausstellung „Gehörlose im Dritten Reich“ im GL-Zentrum 1995 zum Thema Zwangssterilisierung der Gehörlosen. Er brach das Tabu, die noch lebenden Betroffenen zeigten kein Verständnis und verlangten die sofortige Beendigung. Jochen hatte sich mit den Jahren ein „dickes Fell“ zugelegt, womit er auch harte Kritik gut einstecken konnte, sogar soweit dass einige Mitmenschen ihm Gefühlskälte bescheinigten. Aber er bewahrte seine Autorität.

Durch seine vielen Auslandsreisen und Kontakte mit Gehörlosen aus aller Welt konnte er gut international gebärden. So machte er sich weltweit einen Namen, 1999 wurde er zum Vizepräsidenten des Deaf-History-International (DHI) gewählt. Er hielt Vorträge bei den Deaf History Kongressen 1994, 1997, 2000 und 2006, beim Weltkongress der Gehörlosen in Brisbane 1999, beim HolocaustKongress in Washington 1999, an Universitäten im Fach Gebärdensprachdolmetschen und Deaf Studies, sowie bei unzähligen Kommunikationsforen in Deutschland. In Skandinavien wurde er zu mehreren Vortragsreisen eingeladen. Bei den Podiumsdiskussionen, in diversen Tagungen, an Kirchentagen, u.s.w. war er mit seinem großen Wissen und Erfahrung ein gefragter Mann.

Die letzten Jahre
Bei den Kulturtagen der Gehörlosen 2008 in Köln bekam Jochen Muhs den Kulturpreis des Deutschen Gehörlosen-Bundes. Seine letzten Aktivitäten waren persönliche Führungen in Museen und Stadtführungen für gehörlose Besuchergruppen, darunter oft auch Gruppen aus aller Welt mittels Internationaler Gebärden. In der Stadt kannte er sich bestens aus, als waschechter Berliner konnte er an fast jeder Ecke etwas erzählen. Sein unbändiger Wissensdurst ließ ihn noch im Herbst 2010 zum Gasthörer im Fach „Deaf Studies“ an der HU werden. Zu erwähnen bleibt noch, dass „Der Tagesspiegel“ über viele Jahre, ja sein Leben lang sein ständiger Begleiter war. So manche Inspiration kam aus dieser Zeitung, und er setzte die Idee (die er passend an die Bedürfnisse der Gehörlosen schmiedete) zielstrebig um. Welch eine Tragödie, dass er eines Morgens beim Lesen dieser Zeitung für immer einschlief.

Bei der erstmals stattfindenden Türkisparade im September 2010 war er so etwas wie der Anführer der Demonstration, er animierte die erste Reihe des Umzuges und unterhielt die Demonstranten mit geschichtlichen Hinweisen entlang der Strecke. Unzählige Fotos und nicht wenige Filme halten fest, wie Jochen im Leben wirkte.

Sein öffentlich aktiver Lebenslauf und sein Wirken sind so umfangreich, dass es den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Besonders die jüngeren Gehörlosen, darunter auch die, die in jüngster Zeit nach Berlin zugezogen sind, sollten ihn zum Vorbild nehmen.

Der Tod von Jochen macht viele Menschen, die ihn kannten, betroffen. Seine letzte Ruhe findet Jochen auf dem Friedhof Am Fließtal am Waidmannsluster Damm. Wir werden Jochen Muhs als einen Mensch voller Tatendrang sehr vermissen und in unvergesslicher Erinnerung behalten.

Seiner Frau Monika gebührt großen Dank und Anerkennung, da sie ihrem Mann immer den Rücken frei hielt und er so die vielfältigen ehrenamtlichen Tätigkeiten zum Wohle der Gehörlosengemeinschaft ausüben konnte.

H.Christ
Gehörlosenverband Berlin e.V.

Zahl: .. 2253