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Kultur und Geschichte Gehörloser e.V.

Die KuGG setzt sich für die Förderung der Kultur, Geschichte und Gebärdensprache der Gehörlosen ein.


Sie fördert den Austausch von Erfahrungen auf allen Gebieten der Kultur und Geschichte Gehörloser durch die Rundschreiben, Treffen und Seminare. Die KuGG ist außerordentliches Mitglied im Deutschen Gehörlosen-Bund e.V und unterstützt seine Arbeit..

Die Trauerfeier von Albert Fischer am Ammersee

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Auf dem kleinen Friedhof in Buch, einem Ortsteil von Inning, waren am 1. Dezember 2003 viele Leute von nah und fern eingetroffen, um vom verstorbenen Albert Fischer Abschied zu nehmen und ihm die letzte Ehre zu erweisen. Vor dem Leichenhaus trugen sich die Trauergäste, viele Gehörlose und ein paar Hörende, darunter auch Alberts Künstlerkollegen, in ein Kondolenz-Buch ein.
Im Leichenhaus durften ein paar Bilder von Albert Fischer natürlich nicht fehlen, sie standen zu beiden Seiten des mit vielen Blumen geschmückten Sargs. Die farbenfrohen, aufmunternden Bildern deuteten auf ein wunderbares, erfülltes Leben des Verstorbenen.

Die erste Rede zum Tode von Albert Fischer hielt Rudi Sailer, Vorsitzender des GMU. Frei aus sich heraus und sichtlich bewegt. Albert, der selbständige Gemälderestaurator hatte neben seiner Kunst, die als „Fise-Art“ bekannt ist, auch politisch einiges bewegt.
Dann trat Jürgen Stachlewitz vor die Trauergemeinde, um Alberts Leben und Wirken zu würdigen. In seiner Zeit hatte Albert um Anerkennung der Gehörlosen-Identität und der Gebärdensprache gekämpft. Und Hannelore Piringer gebärdete ein kleines, rührendes Gedicht. Alberts Frau Heidi blieb stark und Sohn Oliver stand ihr zur Seite.

Nun hielt Gertrud Mally eine ausführliche Rede, vor allem über Alberts Wirken bei „selbstbewusst werden“. Für die Zeitschrift hatte Albert viele Gedichte und Karikaturen geschaffen, die sehr wirkungsvoll waren und den gehörlosen Künstler Albert sehr bekannt machten. Als Frau Mally über das besondere Engagement von Albert Fischer und seine Kunst ausdrucksvoll gebärdete, kamen den Trauernden die Tränen.

Auch Alberts hörender Künstlerkollege vom „Blauen Kreis“ sprach zu den Leuten, eine Dolmetscherin übersetzte in Gebärdensprache. Die Figur des „Fise“ beflügelte Alberts Schaffen und ließ seiner Phantasie freien Lauf.
Zum Schluss verteilte Sohn Oliver anstatt einer Rede ein Schreiben, seine Worte über das Leben seines Vaters. Neben Worte tiefstem Respekt und Dank auch über den Kluft zwischen Vater und Sohn, zwischen Gehörlose und Hörende, die Albert mit Herz und Verstand, mit seiner Kunst zu schließen versuchte.

Auf der Trauerkarte sind seine Worte, die er während seiner kurzen schweren Krankheit aussprach, abgedruckt:
„Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich hatte ein wunderbares Leben, meine Familie, künstlerische Erlebnisse, Exkursionen und die vielen Gespräche mit meinen Freunden.“

Bemerkenswert ist, dass bei Alberts Trauerfeier Religion und Kirche gar nicht vorkommen. In seinem Leben beschäftigte sich Albert viel mit Philosophie, davon bezeugt auch sein Tagebuch, die er sogar im Internet auf der eigenen Homepage (www.fise.de) veröffentlichte. Dort kann man die ihm eigene „gehörlose Philosophie“ ergründen.

Anschließend ging es zum Kaffee in der Gaststätte Eberhardt in Eching am Ammersee. Dort stand auch das letzte, unvollendete Werk von Albert, was mich sehr rührte. Beim gemütlichen Kaffee (und auch noch bis in den späten Abend) konnte man sich mit der Witwe Heidi oder mit Oliver beim Gespräch vertiefen.
Einige Vorsitzenden von Münchener Gehörlosen-Vereinen kamen nicht zur Trauerfeier, dieses Verhalten ist verständlicherweise auf Alberts kritische Ideen und politisches Engagement in der Gehörlosenbewegung zurückzuführen. Dagegen waren gehörlose Freunde vom regelmäßigen Stammtisch in Herrsching am Ammersee auf der Trauerfeier zahlreich anzutreffen.

Heidi Fischer erzählte beim Kaffee, dass sie gerne in ihrem Haus ein Museum mit Alberts Werke einrichten lassen möchte. Hierzu soll eine Stiftung gegründet werden, wobei Freunde und eine Galerie sie dabei helfen werden. Unser Verein KuGG e.V., bei dem Albert auch Mitglied war, wird sie bei ihrem Vorhaben gerne unterstützen. In Planung ist eine Sammelaktion und eine Ausstellung seiner Werke. Ein paar Vereinsmitglieder und gehörlose Künstler, die ihre Anteilnahme zum Tode von Albert bekundeten, möchten gerne Geld spenden, dies kann zum Zwecke des neuen Museums dienen.

Wollen wir alle einen Teil dazu beitragen, dass die unvergleichlichen Kunstwerke von Albert Fischer, die in hohem Maße die gehörlose Identität darstellen, auch unvergesslich bleiben. In einem Museum, wo seine Werke für alle zugänglich sind und der Nachwelt erhalten bleiben können.

Text und Fotos: Herbert Christ
Bilder: © Fise – Albert Fischer

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